Author/Uploaded by Jan Weiler
Das Buch Wenn Fahrdienste und regelmäßige Fütterungen nicht mehr erforderlich sind, bricht für die Ältern ein neues Zeitalter an. Nun fordern die Spätpubertiere aus dem Urlaub in Kroatien größere Geldbeträge an. Sie konfrontieren die Ältern mit deren unfreshen Weltsichten und verbieten ihnen den Gebrauch von Alufolie, längere Autofahrten sowie das Tragen von schi...
Das Buch Wenn Fahrdienste und regelmäßige Fütterungen nicht mehr erforderlich sind, bricht für die Ältern ein neues Zeitalter an. Nun fordern die Spätpubertiere aus dem Urlaub in Kroatien größere Geldbeträge an. Sie konfrontieren die Ältern mit deren unfreshen Weltsichten und verbieten ihnen den Gebrauch von Alufolie, längere Autofahrten sowie das Tragen von schicken Hemden. Sie rufen rufen niemals auf dem Festnetz an und schalten die blauen Häkchen bei WhatsApp aus. So beginnt sie – die Älternzeit. Man muss es mit Humor nehmen! Der Autor Jan Weiler, 1967 in Düsseldorf geboren, ist Journalist und Schriftsteller. Er war viele Jahre Chefredakteur des SZ Magazins. Sein erstes Buch »Maria, ihm schmeckt’s nicht!« gilt als eines der erfolgreichsten Debüts der letzten Jahrzehnte. Es folgten unter anderem »Antonio im Wunderland«, »Mein Leben als Mensch«, »Das Pubertier«, »Die Ältern« und die Kriminalromane um den überforderten Kommissar Martin Kühn. Neben seinen Romanen verfasst Jan Weiler zudem Kolumnen, Drehbücher, Hörspiele und Hörbücher, die er auch selbst spricht. Er lebt in München und Umbrien. JAN WEILER ÄLTERNZEIT Illustriert von Till Hafenbrak Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Copyright © 2023 by Jan Weiler copyright © by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München Einband- und Innenillustrationen: © Till Hafenbrak Umschlaggestaltung: Teresa Mutzenbach unter Verwendung einer Illustration von © Till Hafenbrak Satz: Leingärtner, Nabburg ISBN 978-3-641-28592-0 V001 www.heyne.de Für Katharina INHALT Vertragsende in Sicht Keine Nummer unter diesem Anschluss Aurelian und Marle lernen was Deutsch: mega oder madig? Carla, die Witzpolizei Übersinnliche Ausschweifung In der WG der Racheengel Zugphilosophie Fußball mit Aktivisten Mit Mett und Maus Wasserhahn zu? Eingetuppert und eingedost Zlatanisierte Zitronensterne Die Rehkapitulation Ein Binder für den Hänger Neues von der Artenvielfalt Mauer des Schweigens Verrückte Verbraucherphobien Der Kauf des Jahres Stapeln oder Schlachten Der Zikaderich hat’s schwer Schuhlos, aber glücklich Pustekuchen Ich bin keine Hilfe mehr Wanderfalke versus Waldschnepfe Der Gutschein-Coup Das Personal protestiert Mein Rücktritt unter Tränen Schlussgedanken ÄLTERNZEIT VERTRAGSENDE IN SICHT Wenn von wechselbereiten Fußballprofis die Rede ist, sprechen die Manager des abgabeunwilligen Vereins oft davon, der Spieler habe noch Vertrag. Diese grammatikalisch eigentümliche Wendung hat sich ziemlich eingebürgert. Der Soundso hat noch Vertrag bis 2026. Dasselbe habe ich auch immer für mich in Anspruch genommen, sogar unbefristet. Das war natürlich naiv, denn jeder Vertrag endet irgendwann. Auch meiner als Familienvater. Meine Kinder wurden immer älter, dann volljährig, und nun haben sie quasi sämtliche Versorgungs-, Erziehungs- und Anschiss-Verträge einseitig gekündigt. Mein Karriereende naht, auch wenn ich mich topfit auf meiner Position fühle. Ich bin auch noch im Spiel, ich wurde bisher nicht ausgewechselt und ich hocke auch nicht meinen Vertrag auf der Bank ab. Ich bin noch Stammspieler, aber das ist eine Frage der Zeit. Als Sara und ich beschlossen, nicht mehr zusammenzuwohnen, zog unsere Tochter Carla mit zu ihr und unser Sohn Nick eröffnete mit mir eine Jungs-WG . Carla ist inzwischen bei Sara ausgezogen und Nick droht andauernd, dasselbe bei mir zu tun. Nach dem Abi sei er weg, hat er schon vor Jahren verkündet. Das zieht sich nun etwas, woraufhin Sara im vergangenen Jahr behauptete, ich hätte Nicks Anstrengungen torpediert, damit er noch ein bisschen bei mir bleibt. Ich hätte ihn dazu gezwungen, am städtischen Nachtleben teilzunehmen. Ich sei verantwortlich dafür, dass er lieber Snowboard gefahren sei als für die Prüfungen zu lernen. Ohne mein Zutun hätte er weniger gechillt und könnte längst in eine fremde Stadt gezogen sein. Auch wenn es mich bei dieser Vorstellung graust, sind Saras Behauptungen blanker Unsinn. Gut. Ich habe nicht kettenhundmäßig jede Hausaufgabe kontrolliert. Und ich habe ihm auch nicht verboten, zwei Tage vor der Matheprüfung zu diesem Rave nach Österreich zu fahren. Aber was sollte ich tun, der Junge ist volljährig. Am Ende hieß es, er wolle es im nächsten Schuljahr noch einmal versuchen, diesmal ganz ernsthaft, und danach sei er eben weg. Und ich versprach, strenger zu sein. Also rechne ich damit, dass ich demnächst eine Anschlussverwendung benötige. Sara ist in diesem Punkt weiter. Sie verbringt viel Zeit mit Freunden und sogenannten Hobbys, sie hat wieder gelernt auszuschlafen, sie telefoniert manchmal über Tage nicht mit ihren Kindern. Ich hingegen hüpfe immer noch durch sämtliche Stahlbäder, die der Alltag so aufstellt. Die übliche To-do-Liste des Lebens mit einem zwanzigjährigen Altpubertier absolviere ich gerne, wenn auch mit matter Routine. Ich habe schon unbeschreibliche Dinge unter dem Bett meines Sohnes hervorgeholt. Ich habe auf seinen Wunsch eine Pekingente hergestellt, wegen der beinahe der ganze Stadtteil evakuiert wurde. Das Besondere an dieser Ente war, dass sie nach der Zubereitung noch fabelhaft fliegen konnte. Und zwar in den Mülleimer. Ich habe getröstet und auch pointenlos vor mich hin gebrüllt, Millionen Partien Minigolf gespielt und Nick Klamotten gekauft, die ich selber nie für Kleidungsstücke gehalten hätte. Ich habe in bedingungsloser Liebe Tätowierungen und neue Freundinnen über mich ergehen lassen und ich habe mit ihm The Mandalorian angesehen. Seit einiger Zeit wecke ich Nick wieder. Wir haben es zuvor zwei Jahre lang ohne Morgenpatrouille probiert, weil er irgendwann verkündete, er sei alt genug, sich selbst zu organisieren. Dies führte allerdings nicht dazu, dass