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015 - Troubadour

Author/Uploaded by Martin Walker


 
 
 
 
 
 
 Martin Walker
 
 
 Troubadour
 
 Der fünfzehnte Fall für Bruno, Chef de police
 
 Roman
 Aus dem Englischen von Michael Windgassen
 
 Diogenes
 
 
 
 
 Meinen Kolleginnen und Kollegen in der 
 SHAP
 
 ,
 der Société Historique et Archéologique du Périgord,
 mit Dankbarkeit und...

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 Martin Walker
 
 
 Troubadour
 
 Der fünfzehnte Fall für Bruno, Chef de police
 
 Roman
 Aus dem Englischen von Michael Windgassen
 
 Diogenes
 
 
 
 
 Meinen Kolleginnen und Kollegen in der 
 SHAP
 
 ,
 der Société Historique et Archéologique du Périgord,
 mit Dankbarkeit und großem Respekt
 
 
 
 
 
 
 Joël Martins Song für Katalonien
 
 
 
 Mai no esborraran tots els nostres poemes.
 Mai van a silenciar les nostres cançons.
 Mai poden eradicar tota una cultura,
 Els nostres somnis de trobador son massa forts.
 Un poble que canta es un poble que viu
 I un poble viu mai morr.
 
 
 Sie werden unsere Poesie niemals zerstören.
 Sie werden unsere Lieder niemals zum Schweigen bringen.
 Sie können unsere Kultur niemals wegwischen,
 Zu stark sind die Träume unserer Troubadoure.
 Ein Volk, das singt, ist ein Volk, das lebt,
 Und ein Volk, das lebt, kann nicht sterben.
 
 
 
 
 
 
 1
 
 
 
 B
 runo Courrèges, Chef de police
 der kleinen französischen Ortschaft Saint-Denis und eines Großteils des Vézère-Tals, schaute spätabends mit seinem Basset Balzac noch einmal in seinem Garten nach dem Rechten, als das Handy an seinem Gürtel vibrierte. Er wollte eigentlich direkt danach zu Bett gehen, doch das Display zeigte an, dass es sein Freund Jean-Jacques, der Chef der Kriminalpolizei des Départements Dordogne, war, und Bruno hielt es für besser, den Anruf anzunehmen.
 »Du bist noch wach?«, meldete sich die vertraute Stimme. »Gut. Ich bin gleich bei dir. Ich möchte dir etwas zeigen, und du verrätst mir, ob ich mir Sorgen machen muss.«
 Commissaire Jean-Jacques Jalipeau war ein stämmiger Bär von Mann, unermüdlich, und ließ sich nie von seinen Pflichten ablenken, noch nicht einmal damals, als auf ihn geschossen worden war, während er versuchte, einen Straf‌täter festzunehmen. Manche nannten ihn einen »f‌lic
 der alten Schule«, womit wohl unter anderem gemeint war, dass er schlecht sitzende Anzüge trug, ein Päckchen Gauloises am Tag rauchte, selten seine Schuhe putzte und Journalisten weniger Achtung zollte, als diese mittlerweile erwarteten. Andererseits waren noch nie irgendwelche Übeltäter in Handschellen »zufällig« die Treppe hinuntergestürzt oder 
 mit den Fingern in eine zuschlagende Autotür geraten. Kein einziges Mal hatte sich eine Frau aus seinem Team um eine Versetzung bemüht, und er weigerte sich, an den üblichen Revierkämpfen mit Gendarmen teilzunehmen oder über die Police municipale
 zu spotten.
 Bruno ging ins Haus und räumte das Wohnzimmer auf. Er holte zwei Gläser aus dem Schrank und scrollte auf seinem Handy durch die jüngsten Regionalnachrichten, um eventuell einen Hinweis auf Jean-Jacques’ unerwarteten Besuch zu finden. Ein paar Minuten später flammten die Scheinwerfer des großen Peugeot in der Zufahrt auf, und Bruno trat vor die Tür, um seinen Freund zu begrüßen. Josette, Jean-Jacques’ Chauffeurin und rechte Hand, wendete im Hof und sprang aus dem Wagen. Jean-Jacques brauchte länger, um sich vom Beifahrersitz zu mühen. Er hielt einen kleinen Spurensicherungsbeutel in der Hand.
 »Willkommen. Für eine Tasse Kaffee ist es jetzt wohl zu spät«, sagte Bruno. »Wie wär’s mit Tee, Wein oder etwas Stärkerem?«
 »Mir könntest du ein Glas von deinem selbst gemachten vin de noix
 einschenken, gewissermaßen Wein und eau de vie
 in einem«, antwortete Jean-Jacques. Josette bat um Mineralwasser.
 Kaum hatten sie sich mit ihren Drinks im Wohnzimmer niedergelassen, warf Jean-Jacques Bruno den Plastikbeutel zu.
 »Du bist doch ein alter Soldat und trägst das Croix de Guerre«, begann er in seiner typisch abrupten Art. »Was kannst du mir zu dieser Patrone sagen, abgesehen davon, dass sie vom Kaliber 12
 ,7
 × 108
 Millimeter ist und am 
 Patronenboden anscheinend russische Buchstaben eingraviert sind?«
 Bruno hatte es tatsächlich geschafft, die Tüte aufzufangen, ohne seinen Drink zu verschütten. So sehr wie Jean-Jacques’ Frage überraschte ihn dessen Zuversicht, dass er, Bruno, über alles Auskunft geben konnte, was mit Krieg, Waffen und militärischen Dingen im Allgemeinen zu tun hatte. Dann fiel ihm wieder ein, dass die Pflicht zu einem Jahr Militärdienst schon lange abgeschafft worden war. Auch Jean-Jacques, der nach einem Universitätsstudium den Polizeidienst angetreten hatte, waren solche Themen erspart geblieben. Von der Tradition aus der Französischen Revolution, der zufolge jeder französische Bürger sich als Soldat ausbilden lassen und bereit sein musste, für Frankreich zu kämpfen, war nicht viel übrig geblieben. Bruno wusste, dass moderne Waffentechnik und Kriegsführung einem Soldaten sehr viel mehr abverlangten, als ein Gewehr abzufeuern, ihm ein Bajonett aufzupflanzen oder eine Handgranate zu werfen. Doch manchmal bedauerte er den Verlust des Prinzips, nach dem jeder Bürger seinem Land eine Pflicht schuldig sei, und er fand es auch schade, dass der Sinn für Gleichheit und nationale Integration, der junge Männer beim Drill, in Kantinen und Kasernen zusammenschweißte, mehr oder weniger abhandengekommen war. Vermutlich, dachte Bruno, war er einer der wenigen Soldaten oder Veteranen, die Jean-Jacques überhaupt kannte.
 »Das ist Munition für ein schweres Maschinengewehr sowjetischer Bauart. Sie wurde und wird zum Teil immer noch in der Luftabwehr eingesetzt, kann aber auch Körperpanzerung, Fahrzeuge und Gebäude durchschlagen«, 
 erklärte Bruno und wog die Tüte mit der Patrone in der Hand. »Die Russen waren die Ersten, die sie auch an speziellen Scharfschützengewehren ausprobiert haben, mit Erfolg offenbar, denn es haben sich viele andere ein Beispiel daran genommen. Ein guter Scharfschütze kann mit einer solchen Patrone über eine Distanz von zwei Kilometern und mehr töten. Die Amerikaner haben eine ähnliche Patrone entwickelt, deren Hülse ist nur etwas kürzer.«
 »Von so einem Ding bist du in Bosnien verletzt worden?«, fragte Jean-Jacques.
 »Nein, dem Himmel sei Dank«, antwortete Bruno und wunderte sich wieder, wie wenig Jean-Jacques in Sachen militärischer Schusswaffen Bescheid wusste. »Ein solches Geschoss hätte mir das Bein und wahrscheinlich das halbe Becken weggerissen. Ich bin von einer Standardpatrone der NATO
 getroffen worden. Deren Kaliber ist nur etwa halb so groß. Aber auch die hat mich monatelang ans Krankenbett gefesselt. Verrate mir mal, woher du die Patrone hast.«
 »Aus einem gestohlenen Auto, einem alten Peugeot, der nach einem Unfall verlassen aufgefunden wurde. Sie lag im Kasten für das Ersatzrad. Das Auto steckte im Graben neben einer kleinen

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