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Die marmornen Träume

Author/Uploaded by Jean-Christophe Grangé


 
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 Jean-Christophe Grangé
 Die marmornen Träume
 Thriller
 Aus dem Französischen von Ina Böhme
 
 upped by @surgicalremnants
 
 Tropen
 
 
 Impressum
 Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.
 Die Arbeit der Übersetzerin am vorliegenden Roman wurde vom Deutschen...

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 Cover for EPUB
 
 
 
 
 
 
 Jean-Christophe Grangé
 Die marmornen Träume
 Thriller
 Aus dem Französischen von Ina Böhme
 
 upped by @surgicalremnants
 
 Tropen
 
 
 Impressum
 Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.
 Die Arbeit der Übersetzerin am vorliegenden Roman wurde vom Deutschen Übersetzerfonds gefördert.
 Tropen
 
 www.tropen.de
 
 Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Les Promises«
 © 2021 by Editions Albin Michel, Paris
 Für die deutsche Ausgabe
 © 2023 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
 Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
 Cover: Zero-Media.net, München
 unter Verwendung zweier Abbildungen von © Christie’s Images/Bridgeman Images (Photo) und © noppadon_sangpeam/istockphoto (Marmorstruktur)
 Gesetzt von C.H.Beck.Media.Solutions, Nördlingen
 Gedruckt und gebunden von GGP
 Media GmbH, Pößneck
 Upper: upped by @surgicalremnants
 
 
 ISBN
 978-3-608-50171-1
 E-Book ISBN
 978-3-608-11994-7
 
 
 
 
 Für Megumi
 
 
 
 I
 
 Die Träumenden
 
 
 
 1
 
 
 »Alles spielt sich auf dem Land ab. Sie kommt an einem Wintermorgen.«
 »Kennen Sie die Gegend?«
 »Nein. Ich lebe schon immer in Berlin und verlasse die Stadt nur sehr ungern.«
 »Beschreiben Sie mir das Mädchen.«
 »Sie trägt die Uniform vom Bund Deutscher Mädel: schwarzes Halstuch, langer Rock, Reichsadler-Abzeichen. Ich sehe sie durch den Nebel kommen. Sie sagt: ›Hitler schickt mich.‹«
 »So rundheraus, ja?«
 »Ja. Hitler scheint ein Verwandter oder Vertrauter zu sein, ich weiß nicht genau. Es ist absurd. Jedes Detail in meinem Traum hat etwas Seltsames, Unerklärliches.«
 »Das haben Träume so an sich, oder?«
 Simon Kraus schenkte ihr ein komplizenhaftes Lächeln. Die Frau erwiderte es nicht. Sie war schön, vornehm, sehr gut gekleidet. 
 Wie all die anderen.
 
 
 »Bitte, fahren Sie fort.«
 »Sie tritt noch ein Stück näher, und ich kann ihr Gesicht besser erkennen. Ihr Teint ist sehr blass, die Haut pockennarbig. Ihre Haare sind blond … ein unangenehmes Gelb. Ich kann gar nicht hinsehen.«
 »Was meinen Sie mit 
 unangenehm?
 
 «
 »Sie sind … urinfarben. In meinem Traum denke ich: Das Mädchen hat pissgelbes Haar. Mir wird speiübel davon.«
 Simon machte sich grundsätzlich keine Notizen. Ein Mikrofon, unter dem Schreibtisch versteckt, nahm jede Sitzung auf. Stattdessen kritzelte er gern heimlich Porträts seiner Patientinnen.
 Sie war neu. Für ihn, den Amateurzeichner, eine Herausforderung. Hohe, eckige Augenbrauen (falsche allerdings, die echten waren ausgezupft), kleiner Kussmund, freche Nase, große, schlanke Hände … 
 Konzentrier dich.
 
 
 »Während sie spricht, bemerke ich ein paar Details. Erstens hält sie eine Schaufel in der Hand. Dann steht da eine Schubkarre neben ihr. Womöglich hat sie die mitgebracht, keine Ahnung …«
 Er kritzelte noch immer, das Heftchen leicht angewinkelt, damit sie sein Werk nicht sehen konnte. Er war solche Geschichten gewohnt. Die Patientinnen kamen in seine Praxis, um sich mitzuteilen, ihre Probleme, ihre Neurosen zu schildern – und vor allem ihre Träume.
 Simon Kraus war eigentlich Psychiater, gewiss einer der besten seiner Generation, nannte sich aber lieber einen Psychoanalytiker. Obwohl der Begriff inzwischen als gefährlich galt, war es weitaus rentabler, den weiblichen Ängsten Gehör zu schenken.
 »Hören Sie mir zu, Herr Doktor?«
 Sie sah ihn unverwandt an, die grauen Augen lebhaft, aber stumpf, verwaschen, wie Kieselsteine auf dem Grund eines Flusses. Bestimmt die Müdigkeit. Im August 1939 bekam niemand in Berlin genug erholsamen Schlaf.
 »Ich höre Ihnen zu, Frau …«
 Er warf einen Blick auf seinen Zettel.
 »… Feldmann.«
 Sie musterte einen Augenblick die Umgebung. Um die Praxis für seine Patientinnen (denn er empfing nur Frauen) möglichst beruhigend zu gestalten, hatte Simon alles selbst entworfen. Altweiß gestrichene Wände, ein »Elefantensessel« aus braunem Leder, als Couch eine Chaiselongue, ein dicker Kandinsky-Wollteppich, der einen wie auf Wolken gehen ließ, ein verglaster Bücherschrank, in dem er seine Nachschlagewerke sorgfältig verstaut hatte, und vor allem sein berühmter Art-déco-Schreibtisch mit den Unterschränken, hinter dem er sich, vor fremdem Blick geschützt, die Schuhe auszuziehen pflegte.
 »In der Schubkarre liegt ein Aschehaufen. Das Morgenlicht lässt ihn wie einen fahlen Fleck erscheinen, ähnlich dem Gesicht des Mädchens … Und obwohl es so neblig ist, wirkt alles wie ausgetrocknet: die Asche, der reifbedeckte Boden, die Haut von dem Gör … Sogar ihre Stimme. Als ob sie das Ergebnis eines rostigen Mechanismus wäre.«
 Simon hatte sein Porträt fast vollendet. 
 Gar nicht so übel.
 
 Er hob den Blick.
 »Noch mal zurück zu der Schaufel. Was macht das Mädchen mit diesem … Werkzeug?«
 »Sie gibt es mir und befiehlt mir zu graben.«
 Hinter dieser Szene steckte nichts weiter als die stinknormale Angst, die bereits alle Berliner gepackt hatte. Seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten natürlich, aber auch schon vorher, während der Weimarer Republik.
 Was den Psychiater interessierte, war die Einflussnahme der Diktatur auf das Unbewusste. Die NSDAP
 gab sich nicht damit zufrieden, das wache Gehirn zu kontrollieren, sondern schlich sich in Gestalt blanken Entsetzens auch in die Welt der Träume.
 »Und was machen Sie?«
 »Ich grabe. Komischerweise begreife ich erst gar nicht, dass ich mein eigenes Grab schaufele.«
 »Und dann?«
 »Als das Loch tief genug ist, wird mir alles klar. Das Gör will mir eine Kugel ins Genick jagen und den Inhalt ihrer Schubkarre über meine Leiche kippen. Es ist gar keine Asche, sondern gebrannter Kalk. Genau in dem Moment lacht das Mädchen auf, zückt ihre Pistole und sagt: ›Der Vorteil von Calciumoxid ist, dass es kein Metall angreift. Sie tragen doch Schmuck, oder? Bestimmt haben Sie Goldzähne?‹ Ich will flüchten, aber meine Beine sind so steif wie der Stiel der Schaufel.«
 Simon legte sein Heft beiseite. Nun galt es, die neue Patientin zu begleiten, sie aus ihrem Loch rauszuholen – und das sollte kein Wortspiel sein.
 »Wir wissen doch beide, dass das nur ein Traum war, Frau Feldmann.«
 Sie schien ihn nicht zu hören. Sie rang nach Luft.
 »Das Mädchen will mich erschießen, und ich stehe in der Grube und … grabe einfach weiter, wie zum Zeichen, dass ich noch nicht fertig bin, dass ich noch ein paar Sekunden Lebenszeit brauche, um meine Arbeit zu beenden … Es ist furchtbar … Ich …«
 Sie hielt inne und holte ein kleines Schnupftuch aus ihrer Tasche hervor. Sie tupfte sich die

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