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Frankie

Author/Uploaded by Michael Köhlmeier

Das ist das Cover des Buches »Frankie« von Michael Köhlmeier Über das Buch Ein Teenager, ein soeben aus dem Gefängnis entlassener Großvater und eine geladene Pistole: Frank ist vierzehn, lebt in Wien, kocht gern und liebt die gemeinsamen Abende mit seiner Mutter. Aber dann gerät sein Leben durcheinander. Der Großvater ist nach achtzehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Frank kennt ihn nur...

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Das ist das Cover des Buches »Frankie« von Michael Köhlmeier Über das Buch Ein Teenager, ein soeben aus dem Gefängnis entlassener Großvater und eine geladene Pistole: Frank ist vierzehn, lebt in Wien, kocht gern und liebt die gemeinsamen Abende mit seiner Mutter. Aber dann gerät sein Leben durcheinander. Der Großvater ist nach achtzehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Frank kennt ihn nur von wenigen Besuchen. Der alte Mann reißt den Jungen an sich, einmal tyrannisch, dann zärtlich. Frank ist fasziniert von ihm. Am Ende stehen sich die beiden auf einer Autobahnraststätte gegenüber wie bei einem Duell. Michael Köhlmeier erzählt von einer Initiation, von Rebellion und Befreiung und der ewigen Faszination des Bösen — von einem Duo, das man nie wieder vergisst. Michael Köhlmeier Frankie Roman Hanser Eins 1 Am Dienstag haben sie Opa entlassen. Er ist jetzt einundsiebzig. Mama wollte, dass ich mitgehe, ihn abholen. Wir sind erst im Zug bis Krems gefahren und dann weiter zu Fuß, aber ich habe es mir nach einer Weile anders überlegt und mich auf die Bank hinter der Fußgängerbrücke gesetzt. Mama hat gesagt: »Was jetzt?« Ich habe gesagt: »Ich warte hier.« Opa ist achtzehn Jahre gesessen, er ist frühzeitig herausgekommen. Wie viel er im Ganzen gekriegt hat, weiß ich nicht. Mama sagt, es fällt ihr auch nicht mehr ein. Was ich ihr aber nicht glaube. Nicht dass ich ihn nicht kenne. Ich war ja ein paarmal dabei gewesen, wenn Mama ihn besucht hat. Aber da war ich noch klein. Seit ich selber entscheiden kann, war ich nicht mehr dabei. Ich bin jetzt vierzehn. Noch nicht ganz. Wegen dem knappen Monat, der noch fehlt, glaube ich, kann ich doch sagen, ich bin vierzehn. Das heißt, er ist vier Jahre vor meiner Geburt ins Gefängnis gekommen. Er war also immer da. Ich weiß nicht, was er getan hat. Ich denke, ich werde es herauskriegen. Irgendwann. Jetzt habe ich noch ein bisschen Angst davor. Angst eigentlich nicht, eher ist mir nicht wohl dabei. Ich weiß nur, vorher ist er auch schon gesessen. Aber nicht so lange am Stück. Dafür nicht nur einmal. Immer wieder habe ich Mama gefragt, da war ich noch ziemlich grün und habe mir nichts Richtiges unter der Frage vorstellen können, und wenn sie gesagt hat, er sitzt, dachte ich, er sitzt wirklich, und zwar die ganze Zeit. In einer Küche oder so. Auf einem Stuhl oder auf einer Bank. Irgendwann habe ich nicht mehr gefragt. Ich wartete fast eine Stunde, und dann habe ich gesehen, wie sie daherkamen. Er einen Koffer unter dem Arm. Nicht am Griff, sondern unter dem Arm, über dem Koffer die Jacke, die Hemdsärmel hochgekrempelt, alles hell. So groß und dünn hatte ich ihn nicht in Erinnerung. Ich habe ihn bisher nur sitzen sehen. Das war jetzt ein unfreiwilliger Witz. Aber ich lass ihn stehen. Mama ist eher klein. Es sah aus, als ob sie schnell geht und er langsam, aber sie gingen beide gleich schnell. Er wirkte überhaupt nicht gebrechlich. Mama hat nämlich befürchtet, das könnte er inzwischen sein. Ich habe mich nicht gerührt. Er blieb vor mir stehen, legte sein Gewicht auf das rechte Bein, das linke spreizte er ab, stand schief, wie ich noch nie einen schief stehen gesehen habe, als würde er sich gegen den Wind lehnen, dabei hat sich kein Blatt geregt, wie ein langer, dünner Hampelmann, der noch an Fäden hängt, unten aber schon am Boden aufsteht, eben schief. Er hat mich angeschaut und gesagt: »Du bist Frank, ha! Frankie. Frankie Boy, ha! Little Frankie Boy.« Spinnt er? Ich habe nicht einmal genickt. Was hat er davon, viermal meinen Namen vor sich hin zu sagen. Wie eine Formel. Dreimal verkleinert, wie ich es nicht will. Hinter der Bank wuchs ein Holunderbaum, der war voll Beeren, die fallen herunter, wenn sie reif sind, und fallen auf die Bank. Genau mitten in den schwarzblauen Beerenmatsch setzte er sich. Mit seinen hellen Hosen. Mama hat die Hände vors Gesicht gerissen, aber nichts gesagt. Zu ihr sagte er: »Geh du, wir kommen nach!« Sie sagte, und ich mochte nicht, wie ihre Stimme war: »Soll ich am Bahnhof warten?« »Das tust du, ja!«, sagte er. »Dann warte ich am Bahnhof auf euch«, sagte sie, noch schlimmer die Stimme. »Das hast du schon einmal gesagt!«, sagte er. Wie sie von uns wegging, kam mir vor, dass sie einen ganz normal schnellen Schritt hatte. Von hinten sah sie wie ein Mädchen aus, so sieht sie immer aus und wird noch in zwanzig Jahren so aussehen. In ihren weißen Stiefeln, die mit Gold verziert sind, aber elegant, kein Pseudo-Cowboy-Kitsch. Sie hat gern Röcke, die beim Gehen schwingen, und sie schlenkert lustig mit den Armen und hält den Kopf hoch. Den Menschen gefällt das. Zu uns umgedreht hat sie sich nicht. Wir saßen da und haben ihr nachgeschaut. Für Opa war die Bank zu niedrig, die Knie ragten ihm nach oben, als ob er auf einem Kinderstuhl sitzen würde, mit den Händen hat er sich rechts und links an der Bank festgehalten. Der Koffer am Boden zwischen den Füßen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Zum Glück hat er gefragt. Antworten ist immer leichter. Finde ich. Meistens. »Was bist du für einer?«, fragte er. Darauf allerdings kann niemand antworten. Denn was soll man darauf antworten? Sogar wenn man erst vierzehn ist, wäre die Liste zu lang. Darum sagte ich: »Ich weiß nicht, was du meinst, Opa.« »Ich glaube, ich kann es nicht leiden, wenn du Opa zu mir sagst«, sagte er. »Weil wir verwandt sind, uns aber nicht kennen?«, fragte ich. Ich sah ihn an, zum ersten Mal, und er mich auch. Mitten in unsere Gesichter hinein schauten wir, das meine ich. »Ein Schlauer, ha?«, sagte er. Seines war sehr blass, die Haut an den Wangen glatt, als hätte er sich grad eben erst rasiert. Er roch auch nach Seife. Lange steile spiegelnde Wangen hatte er, wie aus Stein. Auf der Stirn schwitzte er, und neben den Augen war alles voll Falten. Auffällig waren seine blauen Augen. Mama und

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