Author/Uploaded by Gutsch, Jochen; Leo, Maxim
Die Autoren Jochen Gutsch, geboren 1971 in Berlin, ist Journalist beim Spiegel . Für seine Arbeiten wurde er mit dem Theodor-Wolff-Preis und dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet. Zusammen mit Maxim Leo verfasste er mehrere Bestseller, darunter Es ist nur eine Phase, Hase . Das Buch stand über ein Jahr lang auf der SPIEGEL -Bestsellerliste und wurde für das...
Die Autoren Jochen Gutsch, geboren 1971 in Berlin, ist Journalist beim Spiegel . Für seine Arbeiten wurde er mit dem Theodor-Wolff-Preis und dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet. Zusammen mit Maxim Leo verfasste er mehrere Bestseller, darunter Es ist nur eine Phase, Hase . Das Buch stand über ein Jahr lang auf der SPIEGEL -Bestsellerliste und wurde für das Kino adaptiert. Maxim Leo, geboren 1970 in Berlin, war lange Jahre Reporter bei der Berliner Zeitung . Er erhielt unter anderem den Theodor-Wolff-Preis . Heute schreibt er Bücher sowie Drehbücher für den Tatort . Für seine Familiengeschichte Haltet euer Herz bereit erhielt er den Europäischen Buchpreis . Besuchen Sie uns auf www.penguin-verlag.de und Facebook. Jochen Gutsch Maxim Leo Frankie Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. 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Copyright © 2023 Jochen Gutsch und Maxim Leo Copyright © 2023 Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Umschlaggestaltung: Favoritbüro Umschlagmotiv: Hanna Zeckau Satz: Andrea Mogwitz Satz: GGP Media GmbH, Pößneck E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck ISBN 978-3-641-29591-2 V002 www.penguin-verlag.de »Was macht das Leben so schwierig?« »Menschen?« An Affair to Remember 1 Der Faden Mir wurde gesagt, eine Geschichte beginnt man vorne. Am Anfang. Aber ich bin ein Kater und weiß nichts von vorne und Anfang. Die Menschen haben einen Haufen Regeln, wie alles sein muss im Leben. Tu dies, tu das! Ganz ehrlich? Langweilig. Anstrengend. Nichts für mich. Deshalb fange ich jetzt einfach irgendwo an. Vielleicht zufällig vorne. Oder am Anfang. Es war die gute Zeit, und damit meine ich, die Abende waren warm und hell, und in den Linden summten die Bienen. An so einem Abend wollte ich kurz rüber zum Professor. Wer der Professor is’, erzähle ich später. Weil: Tut erst mal nichts zur Sache. Ich ging also den Großen Weg entlang, der mitten durchs Dorf führt. Vorbei am See, wo das Gras hoch stand, und ich ein paar Grashüpfer fraß. Das Gute an Grashüpfern? Sie beschweren sich nie, wenn man sie frisst. Im Gegensatz zu Vögeln. Vögel machen jedes Mal ’n Riesendrama. »Iss mich nicht! Ich bin Mutter! Ich hab zehn Kinder im Nest!« Die übertreiben total. Aber jedes Mal steh ich da, ich dumme Nuss, Vogel in der Schnauze, und fühle mich erst mal kurz schlecht. Ich ging vorbei an der Dorfkirche, vorbei am morschen Vogelhäuschen, vorbei an der übel riechenden Pisse vom fetten Heinz (Rottweiler), vorbei an zwei Misthaufen, wo nichts Gutes drauflag, und auch nichts Halbgutes, nur Kaffeesatz, Eierschalen, Kartoffelschalen, Apfelschalen. Hier mal ’n Tipp an euch Menschen: Ein Misthaufen, auf dem nur Schalen rumliegen, wirkt geizig. Ich ging vorbei am großen Sandhügel, wo bald der Wald beginnt und hinter dem die Welt zu Ende ist. Ich tapste gut gelaunt vor mich hin, ganz lässig, so schlawenzel-schlawenzel im Abendlicht, schlüpfte durch einen alten Holzzaun, bis ich im Garten des verlassenen Hauses stand. Jeder nennt es das verlassene Haus , weil die Menschen aus der Stadt, die hier jeden Sommer wohnten, eines Tages nicht mehr kamen. Überall sind Vorhänge vor den geschlossenen Fenstern, und im Winter heult der Wind am verlassenen Haus vorbei, und der fette Heinz, der ein dummes Arschloch ist, sagt, da wohnt ’n Rudel Werwölfe drin. Aber jetzt kommt’s! Ich war schon fast am verlassenen Haus vorbei, da sah ich dort einen Mann. Im verlassenen Haus drin! Ich war so perplex, dass ich sofort hinter einen Busch flitzte, weil mir extremst die Düse ging. Da saß ich nun und dachte: Scheiße, Frankie. Was machste jetzt? Am liebsten wär ich sofort zurückgerannt und hätte allen, die ich kenne, die Sensation erzählt. Aber dann wär die Fragerei natürlich losgegangen: Wie sah der Mann denn aus, Frankie? Wie roch der Mann, Frankie? Was gibt’s zu fressen bei dem Mann, Frankie? Bist du dir ganz sicher, dass es kein Werwolf ist, Frankie? Wenn ein verlassenes Haus plötzlich nicht mehr verlassen is’, dann kommen ne Menge Nachfragen, dann will jeder die Details wissen. Und hat man keine, steht man blöd da. Also tat ich das, was jeder gute Kater in so ner Situation machen würde: Ich lugte hinterm Busch hervor. Lauschte. Lugte. Lauschte. Lugte. So ging das ne ganze Weile. Ich kürz das jetzt mal ab, weil sonst nix passierte. Lauschte. Lugte. Und so weiter. Dann schlich ich näher ran, leise-leise, schaute aus einigen Katzenschwanzlängen Entfernung durch das große Fenster und sammelte Details. Detail 1: Da war wirklich ein Mann. Detail 2: Er stand auf nem Stuhl. Detail 3: Von der Zimmerdecke hing ein Faden herunter. Detail 4: Den Faden trug der Mann um den Hals. Detail 5: Ergänzung von Detail 4: Der Faden war extremst dick. Ganz ehrlich? Ich hatte noch nie so nen prächtigen Faden gesehen. Ich liebe Fäden, das müsst ihr wissen. Als ich noch bei der alten Frau Berkowitz lebte, spielten wir fast jeden Tag mit nem Faden. Nie hing ein Mensch dran, aber manchmal ne Maus, also keine echte, sondern aus Wolle, auch wenn die Menschen denken, wir Katzen würden denken, es wär ne echte. Tun wir aber nicht. Sind ja nicht doof. Und als ich nun diesen unglaublich schönen Faden sah, dachte ich plötzlich an die alte Frau Berkowitz und die beste Zeit von meinem Leben, die nicht lange dauerte, weil die alte Frau Berkowitz eines Tages im Garten lag, und kurz darauf kamen zwei Männer, ganz in Weiß, und schoben die alte Frau Berkowitz in ein Auto mit blinkenden Lichtern aufm Dach, und ich hab sie nie wieder gesehen. Mir wurde ’n bisschen mulmig im Herzen wegen der ganzen Erinnerung, und am liebsten wollte ich
Author: Christoffer Carlsson
Year: 2023
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