Author/Uploaded by Aichner, Bernhard
Das Buch Es ist Winter in Tirol: Der Pressefotograf David Bronski nimmt eine berufliche Auszeit in den Bergen. Aber das Unheil der anderen, von dem er seit über zwanzig Jahren lebt, verfolgt ihn. Kaum angekommen, findet er auf einer Schneewanderung eine Frauenleiche. Eine Verkettung unglücklicher Umstände bringt Bronski nicht nur in Lebensgefahr, sondern beinahe auch um den...
Das Buch Es ist Winter in Tirol: Der Pressefotograf David Bronski nimmt eine berufliche Auszeit in den Bergen. Aber das Unheil der anderen, von dem er seit über zwanzig Jahren lebt, verfolgt ihn. Kaum angekommen, findet er auf einer Schneewanderung eine Frauenleiche. Eine Verkettung unglücklicher Umstände bringt Bronski nicht nur in Lebensgefahr, sondern beinahe auch um den Verstand. Bevor er nämlich Hilfe holen kann, verschwindet die Leiche. Und das Blockhaus, in dem er untergebracht ist, geht in Flammen auf. Mit letzter Kraftkann er sich in Sicherheit bringen. In einem nahe gelegenen Luxus-Chalet, in dem fünf Social-Media-Stars ihr Wochenende verbringen, hofft er auf Rettung. Doch große Schneemengen fallen, Lawinen gehen ab, und das Chalet wird zur tödlichen Falle. Niemand kann entkommen, auch Bronski nicht. Der Autor Bernhard Aichner (1972) schreibt Romane, Hörspiele und Theaterstücke, er ist einer der erfolgreichsten Autoren Österreichs - aber er ist auch Fotograf. Bevor er sich der Werbefotografie zuwandte, war er jahrelang als Pressefotograf für den KURIER tätig. Bei der zweitgrößten Tageszeitung Österreichs erlernte er das journalistische Handwerk. Seine Aufgabengebiete waren vielfältig, im Besonderen war er von der Polizeifotografie fasziniert. Für seine Kriminalromane wurde Aichner mit mehreren Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet, zuletzt mit dem Burgdorfer Krimipreis 2014, dem Crime Cologne Award 2015 und dem Friedrich Glauser Preis 2017. Mehrere seiner Werke wurden verfilmt, u.a. seine Totenfrau -Trilogie für Netflix/ORF. BERNHARD AICHNER BILDRAUSCHEN EIN BRONSKI -KRIMI Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. 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Copyright © 2023 by Bernhard Aichner Copyright © by btb Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München Umschlaggestaltung: semper smile, München Umschlagmotiv: © Bernhard Aichner; © shutterstock/Golubovy; railway fx; STILLFX; © Getty Images/Emanuele Santos/EyeEm Satz: Uhl + Massopust, Aalen ISBN 978-3-641-29620-9 V001 www.btb-verlag.de www.facebook.com/btbverlag »Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hier.« WILLIAM SHAKESPEARE EINS Schnee fällt auf ihren leblosen Körper. Deckt ihn langsam zu. Ihre weiße Haut, dieses wunderschöne Gesicht, die Blutspuren. Beinahe hätte ich alles übersehen, nur ein flüchtiger Blick war es, der mich zu ihr hingeführt, mir die Ruhe genommen hat, nach der ich mich so sehne. Hätte ich meinen Kopf nur fünf Sekunden später zur Seite gedreht, hätte ich die Tote nicht gesehen. Ich wäre weiter durch den Winter gewandert und hätte meine Fotos gemacht. Bilder von bedeckten Zweigen, Ästen und Sträuchern. Ich hätte die weiße Landschaft aufgenommen, den grauen Himmel und alles, was dazwischenliegt. Ich hätte mir weiter den Kopf zerbrochen, wie es mir endlich gelingen könnte, mein Leben halbwegs auf die Reihe zu bekommen. Arbeit, Liebe, die Beziehung zu meiner Tochter. Die Entscheidungen, die anstehen, wenn ich zurück in Berlin bin. Sie quälen mich. Zu jeder Stunde des Tages ist mir klar, dass ich etwas ändern muss, Verantwortung übernehmen, erwachsen werden. Wenn ich am Ende nicht alleine bleiben will, muss ich mich von dem verabschieden, was mich am meisten fasziniert. Das Unheil der anderen. Seit mehr als zwanzig Jahren lebe ich davon. Als Pressefotograf dokumentiere ich es, mache Bilder an Unfallorten. Ich laufe dorthin, wo es brennt, wo geraubt, geprügelt und getötet wird. Das Unglück der anderen zieht mich an. Mehr als das Glück, das die Menschen mir schenken, die mich lieben. Ein Teufelskreis, den ich mir selbst erdacht habe, den ich am Leben halte, weil ich süchtig danach bin. Nach den Toten auf der Autobahn, nach den Leichen, die man in Särgen von den Tatorten irgendwelcher Verbrechen fortbringt, nach den Naturkatastrophen und Bränden. Ich giere danach, will Zaungast sein. Ich bin der Beobachter, der all die Voyeure da draußen glücklich macht. Ich halte fest, was die Welt sehen will. Zeige, wie sie auseinanderfällt. Es ist die Stille, die mich anzieht. Das Ende von allem. Es geht um die Vase, die nach einem lauten Streit zerbrochen am Boden liegen bleibt. Nicht der Konflikt, der dem Streit vorausgeht, interessiert mich, die Scherben sind es, die Blumen, die ohne Wasser verwelken. Der Tod zieht mich an, hält mich fest. Das Dunkel, das Adrenalin, das mich immer weiterpeitscht, die Jagd nach dem besten Bild, das Bestreben, als Erster vor Ort zu sein. Der Wunsch, den Katastrophen so nahe wie möglich zu kommen. Ein Tanz auf dem Vulkan ist es, unzählige Male habe ich mich schon in Gefahr gebracht. Ich fotografiere Seite an Seite mit den Einsatzkräften, bin ständig auf der Suche nach Sensationen, lasse mich durch die Straßen Berlins treiben, fühle mich unverwundbar und lebendig. Ich bin unfähig, mich diesem Sog zu entziehen. Ordne dem Rausch, dem ich mich hingebe, alles unter. Und mache damit alles kaputt. Alles, was mir wichtig sein sollte. Ich verbaue mir mein Glück. Schlage die Hände, die man mir reicht, aus. Die Liebe, die man mir schenkt, ich erwidere sie nicht. Oder zumindest nicht so, wie es gut für mich wäre. Bronski und Svenja. Der Pressefotograf und die Polizeireporterin. Wir sind ein eingespieltes Team. Svenja hat ein Gespür für die richtig guten Geschichten, sie kann ebenso zum Bluthund werden wie ich. Auch deshalb versteht sie mich, versucht zu akzeptieren, dass all das Leid, das mir begegnet ist, mich auf gewisse Weise zerstört hat. Trotzdem will sie in meiner Nähe sein, zerrt mich wieder und wieder aus dem Dunkel ins Licht. Findet es gut, dass ich in die Berge gefahren bin, um nachzudenken. Über mich. Über uns. Auf einer Berghütte in Tirol ein paar Wochen ganz allein. Meine Schwester Anna hat mir von diesem Platz hier erzählt, von dieser Ruhe, in die auch sie sich gerne zurückzieht, wenn ihr die Arbeit in der Detektei auf den Kopf fällt und