Author/Uploaded by Römling, Michael
Michael Römling Tankred: Hammer und Kreuz Historischer Roman upped by @surgicalremnants Über dieses Buch Eine unbezwingbare Festung und ein Mann mit einem kühnen Plan. September 882: Tankred hat noch eine Rechnung offen. Seine Stiefmutter Uta h...
Michael Römling Tankred: Hammer und Kreuz Historischer Roman upped by @surgicalremnants Über dieses Buch Eine unbezwingbare Festung und ein Mann mit einem kühnen Plan. September 882: Tankred hat noch eine Rechnung offen. Seine Stiefmutter Uta hat ihn vor Jahren um sein Erbe betrogen. Um endlich zu seinem Recht zu kommen und Uta zu Fall zu bringen, braucht er mächtige Unterstützung. Doch die bekommt er nicht ohne Gegenleistung: Im Auftrag des Kaisers soll der gebildete Kämpfer in einen erbarmungslosen Krieg gegen die Normannen ziehen, die sich unweit seiner Heimatstadt Maastricht verschanzt haben. Zusammen mit seinen Mitstreitern wagt er sich in die Höhle des Löwen und steht dabei plötzlich einem alten Widersacher gegenüber. Band 2 der spannenden Reihe um den Bibliothekar Tankred, der mit dem Schwert in der Hand gegen Wikinger, Intrigen und die Geister seiner Vergangenheit kämpft. Vita Michael Römling , geboren 1973 in Soest, studierte Geschichte in Göttingen, Besançon und Rom, wo er acht Jahre lang lebte. Nach der Promotion gründete er einen Buchverlag, schrieb zahlreiche stadtgeschichtliche Werke und historische Romane. Nach «Weihrauch und Schwert» ist «Hammer und Kreuz» zweite Band der historischen Abenteuerserie um den Kämpfer und Bibliothekar Tankred aus dem 9. Jahrhundert. Darüber hinaus sind im Rowohlt Taschenbuch Verlag die Romane «Pandolfo» und «Mercuria» erschienen. Impressum Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, März 2023 Copyright © 2023 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg Copyright © 2023 by Michael Römling Redaktion Susann Rehlein Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages. Covergestaltung HAUPTMANN & KOMPANIE Werbeagentur, Zürich Coverabbildung Collaboration JS/Arcangel; iStock: Hauptmann & Kompanie Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen. Upper: upped by @surgicalremnants ISBN 978-3-644-01199-1 www.rowohlt.de Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe. 1 E s dämmerte schon, als das Dorf in Sicht kam. Eigentlich war es eher eine Ansammlung armseliger Katen, in denen wahrscheinlich Fischer, Handwerker und Tagelöhner ihr Dasein fristeten. Es gab keine Kirche und keinen Haupthof, und nicht eines der Gebäude hatte ein Steinfundament; noch nicht einmal Schornsteine waren zu sehen. Die Hütten standen kreuz und quer durcheinander. Sie waren aus schiefen Pfosten, Balken und Brettern zusammengezimmert, und die flachen Dächer waren mit Schindeln aus Baumrinde gedeckt. Rauch von feuchtem Brennholz quoll aus Löchern und Ritzen. Überall waren halb vermoderte Boote aufgebockt. Weiter würden wir an diesem Tag nicht kommen. Eine unbequeme Nacht stand bevor. «Ist dir nicht gut genug, was?», fragte Bodo, der meinen Blick bemerkt hatte. Er stemmte sich gegen das Ruder, um den Frachtprahm näher ans Ufer zu bringen. Die beiden Ochsen vor uns auf dem Treidelpfad trotteten unbeeindruckt weiter hinter Severin her. Das Seil, das von den Jochen der Tiere zum Bug des Prahms führte, spannte und lockerte sich abwechselnd, hob sich triefend aus dem Wasser und tauchte wieder ein. «Wird wohl gehen», sagte ich mürrisch. «Ist ja nur für eine Nacht.» Ich hockte auf einer Ladung Bauholz, die Bodo rheinaufwärts verschiffte. Hinter mir stand mein Pferd, zitternd, die Ohren angelegt, den linken Vorderhuf auf die Spitze gestützt. Kleine Wellen prallten plätschernd gegen den Rumpf. Bodo hatte ich am Vormittag zufällig kennengelernt. Sleipnir hatte auf der Uferstraße plötzlich zu lahmen begonnen, und ich war abgesessen, um den Huf zu untersuchen. Während ich schwitzend und in verrenkter Haltung versucht hatte, die Stelle zu ertasten, die man aufschneiden musste, ohne dass das Pferd mir vor Schmerzen durchging, hatten plötzlich die beiden Ochsen mit dem Treiber neben mir gestanden, alle drei mit gleich stumpfem Gesichtsausdruck. Dahinter Bodo in seinem Prahm, der mit einem schrammenden Geräusch auf dem Uferkies zum Stehen kam. Freundlicherweise hatten Bodo und Severin dann das Pferd festgehalten, während ich das Geschwür aufgeschnitten und die Wunde mit Wolle verstopft hatte. Mir war klar gewesen, dass mindestens zwei Tage lang nicht an eine Fortsetzung der Reise zu denken sein würde, jedenfalls nicht im Sattel. Also hatte ich Bodo gefragt, ob an Bord noch Platz sei. «Wohin soll’s denn gehen?», hatte er gefragt. «Nach Worms», hatte ich geantwortet. Er hatte mich überrascht angeblickt, ein altes, faltiges, von struppigen Haaren eingerahmtes Gesicht, wässerige Augen, Tränensäcke wie schlaffe Lederbeutel. «Oho, Worms. Zum Kaiser. Gehörst du zum Aufgebot?» «Ja», hatte ich knapp erwidert. Streng genommen gehörte ich zu keinem Aufgebot, aber ich musste den Kaiser treffen, und ich hatte keine Lust gehabt, Bodo die ganze Geschichte zu erzählen, also hatte ich es dabei belassen. Es hatte eine Weile gedauert, bis wir das lahme Pferd auf den Prahm bugsiert hatten, aber schließlich war es gelungen. Bodo hatte sofort begonnen, mich auszufragen, und auf dem beengten Raum hatte es kein Entkommen gegeben. Nachdem er herausgefunden hatte, dass ich mich in Fragen des Bußsakraments auskannte, hatte er mir zu entlocken versucht, wie man die Fastengebote umgehen konnte. Ob Schweineschmalz unter das Verbot des Fleischverzehrs falle? Ob er in dieser Zeit wenigstens die Magd besteigen dürfe, wenn schon nicht seine Frau? Mit solchen Fragen war er mir den ganzen Tag über auf die Nerven gegangen. Das war der Preis dafür gewesen, dass er mich mitgenommen hatte. Und jetzt also das Dorf. Bodo kannte dort jemanden, bei dem wir gegen geringe Bezahlung ein Nachtlager finden würden, und weil es weit und breit keine Herberge gab und wir die Reise im Dunkeln nicht fortsetzen konnten, hatten wir keine Wahl. Als der Prahm aufsetzte, rannten ein paar zerlumpte Kinder ans Ufer und begrüßten uns mit aufgeregtem Geschnatter. Während Bodo sein Gefährt vertäute, führte ich das Pferd von Bord und ließ es saufen. Unser Gastgeber war ein wortkarger junger Fischer namens Sebastian, der im Gegensatz zu Bodo keine Fragen stellte. Er war hager und unrasiert und trat unbehaglich von einem Bein auf das andere. Bodo erklärte ihm,