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One of the Girls

Author/Uploaded by Lucy Clarke


 
 Lucy Clarke
 ONE OF THE GIRLS
 
 Roman
 
 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
 
 
 
 
 
 
 
 
 Für Mimi Hall
 
 
 
 Mittwoch
 
 
 
 Später würden wir uns nur aus einem einzigen Grund an den Junggesellinnenabschied erinnern: wegen der Ereignisse in der Nacht des Strandfeuers. Davor gab...

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 Lucy Clarke
 ONE OF THE GIRLS
 
 Roman
 
 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
 
 
 
 
 
 
 
 
 Für Mimi Hall
 
 
 
 Mittwoch
 
 
 
 Später würden wir uns nur aus einem einzigen Grund an den Junggesellinnenabschied erinnern: wegen der Ereignisse in der Nacht des Strandfeuers. Davor gab es an diesem Wochenende auch gute Momente – sogar schöne. Unter der griechischen Sonne reichten wir Schüsseln mit Tsatsiki und glänzenden Oliven herum, tanzten barfuß am Ufer und lachten uns über Dinge schlapp, die nicht
 mal halb so komisch wären, wenn man sie noch mal irgendwem erzählte.
 
 
 Diese Momente dürfen wir niemals vergessen.
 
 
 Wären wir klüger gewesen, hätten wir genauer zugehört und besser auf sie – und uns selbst – geachtet, dann hätten wir es verhindern können. Dass es uns möglich gewesen wäre, den Lauf des Schicksals zu verändern, macht es nur noch schlimmer.
 
 
 Doch nun ist es zu spät. Es ist vorbei. Wir werden niemals den Anblick ihres roten Halstuchs vergessen, das in der Morgenbrise flatterte – eingeklemmt im Reißverschluss eines Leichensacks.
 
 
 
 
 1
 Lexi
 
 Lexi kurbelte das Fenster des Taxis herunter. Der warme Wind duftete nach Pinien und trockener, von der Sonne aufgeheizter Erde. Reihen von weiß gekalkten Häusern schmiegten sich eng an eine Kirche mit blauer Kuppel.
 Der Himmel,
 dachte Lexi. Mein Gott, wie weit und wolkenlos er ist. Der Ortswechsel von den regennassen Gehsteigen in London zur schimmernden Hitze Griechenlands kam ihr wie ein Zaubertrick vor. Sie konnte gar nicht glauben, dass sie wirklich hier war.
 Bella zog sich den Lippenstift nach und sah den Taxifahrer über den Rand ihrer überdimensionierten Sonnenbrille an. »Wir feiern eine Hen Party«, sagte sie. »So nennt man bei uns einen Junggesellinnenabschied. Lexi ist die Braut.« Sie drehte sich auf dem Beifahrersitz um und deutete nach hinten.
 »Herzlichen Glückwunsch«, sagte der Fahrer und sah sie im Rückspiegel kurz mit seinen freundlichen dunklen Augen an.
 »Danke«, erwiderte Lexi lächelnd. Die Braut, dachte sie und schüttelte den Kopf, noch immer ein wenig darüber verwundert, dass sie das sein sollte.
 »Ich bin ihre Trauzeugin«, verkündete Bella stolz. »Sie wissen schon: die beste Freundin. Die wichtigste Helferin, die das Wochenende organisiert.«
 »Die selbsternannte
 Trauzeugin«, fügte Lexi hinzu. »Ich wollte gar keine haben.«
 
 »Was ich ignoriert habe, da du ja nicht mal eine Hen Party wolltest.«
 »Das stimmt.« Lexi verband diese Partys mit tanzenden Zwanzigjährigen hinter billigen Schleiern, Schnapsgläsern mit phallischen Strohhalmen, Blasen an den Fersen und zu kurzen Röcken. Mit zwanzig hätte Lexi so etwas geliebt. Sie hätte sich mit Tequila betrunken und in einem hauchdünnen Kleidchen auf dem Tisch getanzt. Und wenn sie Blasen an den Füßen bekommen hätte, dann hätte sie ihre Stilettos einfach weggekickt und weitergetanzt. Doch inzwischen war sie einunddreißig und hatte es satt, morgens mit einem vagen Gefühl von Bedauern und Scham aufzuwachen, das nichts mit einem Kater zu tun hatte. Zur Überraschung aller – darunter auch ihrer eigenen – würde sie nun einen Mann heiraten, den sie liebte.
 Ich liebe dich.
 Diese Worte hatte sie tatsächlich laut ausgesprochen. Und es auch so gemeint. Es war beim Frühstück passiert, als die beiden mit zerzausten Haaren an der Küchentheke saßen. Er lachte gerade über seinen gescheiterten Versuch vom Vorabend, eine Lasagne zuzubereiten. Sie sagte ihm, dass das Essen kein totaler Reinfall gewesen sei – der Wein war gut! –, und dann fügte sie hinzu: Ich liebe dich. Einfach so. Drei brandneue Wörter, die zwischen der Kaffeekanne und dem Stapel Toast in der Luft hingen.
 Er sah sie an. Ed Tollock. Fünfunddreißig. Dichte, angegraute dunkle Haare. Eine ruhige, tiefe Stimme. Was war es, das sie so an ihm anzog? Seine gelassene Zuversicht? Die Art, wie er sie eingehend betrachtete und dann grinsend den Kopf schüttelte, als könnte er sein Glück nicht fassen?
 Er schob ihre Tassen beiseite und ergriff Lexis Hände. Seine waren braungebrannt und hatten feine goldene Härchen auf dem Rücken. »Ich liebe dich auch«, sagte er. »Und eines nicht allzu fernen Tages werde ich um deine Hand anhalten.« Dabei lächelte 
 er sie so entspannt und offen an, dass Lexi gar nicht auf die Idee kam, ihren Mantel zu schnappen und die Flucht zu ergreifen.
 Stattdessen hatte sie seinen Blick erwidert. »Ach, wirklich?«
 Drei Wochen später war da plötzlich eine Ringschachtel gewesen. Es hatte kein Candle-Light-Dinner gegeben, und er war auch nicht vor ihr auf die Knie gefallen. Sie waren nur händchenhaltend an der Themse entlangspaziert und hatten das weiße Kielwasser einer startenden Ente betrachtet. Erst seine Frage, dann ihre Antwort: Ja.
 Lexi betrachtete ihren Verlobungsring mit dem prächtig funkelnden Diamanten. Sie wollte keine große Sache aus der Hochzeit machen. Nur ein paar Freunde und Verwandte in einer alten Mühle, in der Trauungen vorgenommen werden durften. Ganz schlicht und intim. Sie wollte weder ein aufwendiges Kleid noch eine Hairstylistin oder einen Fotografen. Sie wollte nur ihn.
 »Schon verstanden, einfach und bescheiden«, hatte Bella gesagt, nachdem Lexi ihr von ihren Hochzeitsplänen erzählt hatte. »Aber bilde dir bloß nicht ein, dass du um einen Junggesellinnenabschied herumkommst. Du heiratest nur einmal, Lexi Lowe, und das bedeutet, dass wir ein Partywochenende machen werden. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
 Und genau zu diesem Zweck waren sie jetzt hier, auf der kleinen griechischen Insel Aegos. Sie waren am Flughafen in das Taxi gestiegen und hatten schon bald den Touristentrubel und die lauten Vergnügungslokale hinter sich gelassen. Mittlerweile fuhren sie auf einer leeren schmalen Straße in westlicher Richtung durch eine von Büschen bewachsene Hügellandschaft, in der die einzigen Geräusche von Ziegenglocken und einem Esel stammten, der im langen Schatten eines Olivenbaums stand.
 Lexi hatte Bella gesagt, dass sie das Wochenende mit Faulenzen, Lesen, Schwimmen und Essen verbringen wollte. Bella hatte ungefähr zwei Sekunden lang mit ernster Miene genickt, dann 
 hatte sie die Mundwinkel hochgezogen und vielsagend mit den Augenbrauen gewackelt. Offenbar hatte sie ganz andere Pläne.
 Bella sagte gerade etwas zum Fahrer und machte eine ausladende Geste, was er mit einem lauten Lachen quittierte.

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